Warum wir sind, wie wir sind, warum wir tun, was wir tun.

„I exist not to be loved and admired but to love and act“
Janusz Korczak

 

Manchmal macht es Sinn, innezuhalten, nachzudenken, auch über uns selbst.

Ich habe mich entschieden, diese Gedanken hier zu teilen. Ich tue es deswegen, weil ich im Herbst zum ersten Mal in ganz Österreich zur Wahl stehe. Vielleicht möchte da die eine oder der andere auch meine Motive, meine Herkunft, erfahren.

Und wen immer dies nicht interessiert, bitte einfach überspringen.

Ich wurde 1964 in eine Familie in Wien Währing hinein geboren. Nicht reich, nicht arm, halt so, dass man Ausgaben schon genauer planen musste. Beide Eltern arbeiteten, sonst wäre sich wohl finanziell auch kein zweites Kind ausgegangen.

Meine Eltern hatten ein klares Verständnis – Bildung für ihre beiden Söhne, die war ihnen zuvorderst wichtig, die ermöglichten und unterstützten sie mit aller Kraft und Energie. Und ich werde ihnen dafür ewig dankbar sein.

Ich möchte noch zwei Punkte anführen die mir gut präsent sind und die mich vielleicht auch etwas prägten. Unsere Gespräche zu Hause drehten sich sehr oft um Gerechtigkeit, präziser gesagt, bei Unrecht nicht wegzusehen sondern vielmehr genauer hinzusehen. Und es gab diese tiefe Überzeugung daheim, man ginge möglichst nie böse aufeinander schlafen. 

…und dies war für uns alle vier durchaus manchmal herausfordernd. Sei es für uns zwei Söhne, besonders während der Pubertät. Oder sei es bei den wiederholten Streitgesprächen unserer Eltern über erfahrenes Leid im 2. Weltkrieg.

Papa musste 1939 mit 10 Jahren nach Shanghai fliehen (beziehungsweise seine Familie schaffte dies), und Mutter (ebenfalls Jahrgang 1929) musste oft (und dann manchmal tagelang) in den Luftschutzkeller. 

 

Ich ging mit 4 Jahren in den Kindergarten beim Währinger Gürtel/Klettenhofergasse, dann in die erste Volksschulklasse ebendort, wechselte dann in die heutige Schule im Park in den neunten Bezirk. Über diesen Wechsel war ich froh. Denn – ich erinnere mich heute noch – dort ging mein Herz für Schule zum ersten Mal auf. Diese wunderbare Lehrerin (die aus heutiger Sicht vielleicht keineswegs alles „richtig“ machte) konnte mich offenbar sehr gut fürs Begreifen und Lernen begeistern. 

Zu dieser Zeit ermöglichten mir meine Eltern auch, verschiedene Musikinstrumente zu lernen. Flöte, Violoncello und Klavier. Singen, selbst dirigieren, wurde mir von unserer Volksschuldirektorin beigebracht. So cholerisch und streng sie war, so sehr lebte sie vor allem für die Überzeugung, uns alle für und mit Musik zu begeistern. Nun, bei den meisten klappte dies, bei mir jedenfalls hervorragend ?

Gymnasium, auch die Matura, fiel mir relativ leicht, wenn ich mich auch mehr am Sozialleben in der Klasse als am Lernen engagierte. Ich hatte das Glück – und wohl auch die geeigneten Lehrer_innen – dass ich mir das meiste das vorgetragen wurde recht schnell und ohne allzu großen Aufwand merken konnte.

Die Entscheidung für das richtige Studium fiel mir schwer. Zu unterschiedlich und vielfältig waren meine Interessen. Drei Semester Medizin, Kirchenmusik … und schließlich dann doch auch etwas abgeschlossenes, nämlich Betriebswirtschaftslehre, das war alles offenbar noch nicht genug. Zugleich dirigierte ich, spielte etwas in Theatern/Musicals mit, arbeitete auf und hinter Bühnen. Ich fuhr mit Chören auf Tourneen, innerhalb und außerhalb Europas, durfte manchmal auch Gesangsensembles leiten. Alles nur sehr selten bezahlt, zumeist schlicht aus Begeisterung an der Kultur, der Kunst – und vor allem am gemeinsamen Tun mit anderen Menschen, an diesen zumeist wunderbaren Begegnungen.

1993 schließlich begann ich auf der damaligen Pädak (heute PH) die Ausbildung zum Musik- bzw Mathematiklehrer. Diese schloss ich 1996 ab.

Ja, das war’s. Ich hatte mich bis dahin mit den unterschiedlichsten Nebenjobs finanziell über Wasser gehalten, von Meinungsbefragung über Telefonverkauf und die Arbeit bei Banken und Versicherungen bis hin zu insgesamt 12 Jahren Taxifahren in meiner von mir so geliebten Stadt Wien. Aber hier, jetzt, spürte ich, Schule, Bildung, das wird’s! 

Und das wurde es dann auch. In Hauptschulen (besonders schön, wenn auch herausfordernd, am Schöpfwerk), bis hin zum evangelischen Gymnasium – ich durfte viele Jahre lang junge Menschen in ihrem Entfalten begleiten. Auch für diese Möglichkeit, vor allem euch, lieben ehemaligen Schüler_innen und euren Eltern, großen Dank! 

 

Ich hatte Zeiten, da lebte ich ein paar Monate quasi nur von Erdäpfeln, immer wieder mal. Etwas anderes ging sich vom Geld her nicht aus.

Ich schreibe das nicht um Mitleid auszulösen, sondern weil mir diese Zeiten im Rückblick besonders wichtig sind, ich dort sehr viel lernte. Ich schreibe dies auch, weil es wichtig ist, sich vor Augen zu halten, dass es selbst bei größter Anstrengung aller nicht immer gelingt, „erfolgreich“ zu sein. Zumindest eben vielleicht einmal nicht finanziell. Und ich schreibe das, weil mich diese Erfahrungen wohl auch prägten, meinen Einsatz für jene, denen es gerade schlecht geht, verstärkte.

 

Dieser Eintrag sollte kein vollständiger Lebenslauf sein, kann es auch gar nicht.

Aber er erklärt hoffentlich ein wenig, woher ich komme – und wohin ich gehen will, beziehungsweise vielleicht auch, warum gerade dort hin. 

Es geht mir konkret um Bildung, Kunst & Kultur:

  • Ich will Menschen dabei unterstützen, auf einen guten Weg zu gelangen, von Anfang an.
  • Ich will, dass Kindern dazu ihre natürliche Neugier und Lernbereitschaft nicht mehr genommen wird. 
  • Ich will, dass Menschen zu Selbstbewusstsein verholfen wird, beginnend in den ersten, quasi institutionalisierten, Bildungsräumen – Kindergarten und Volksschule. Dies heißt auch, dort mehr Mittel & Unterstützung hinein zu investieren. Und dies zu aller erst in den Regionen beginnend, wo viele Kinder aktuell einfach weniger Chancen haben. 
  • Ich will allen Menschen die Möglichkeit geben, sich selbst und einander mit Hilfe von Kunst ein wenig näher kommen zu können. Theater zu spielen, zu musizieren, sich gestalterisch auszudrücken.
  • Und ich will, dass auch Kunstschaffenden ihre Tätigkeit, das Ausleben ihrer Kunst, besser ermöglicht wird.

Denn schreiben, lesen, rechnen und der soziale Umgang miteinander sind wichtig. Ja, ich will, dass dies jedes Kind lernen kann!

Aber gute Kindergärten und Schulen können noch viel mehr, sie „können“ Schönheit von Kunst und Kultur, Glück, Selbstsicherheit und Zufriedenheit vermitteln.

Gelingende Bildung von Anfang an heißt für mich eine Art lebensbegleitendes (selbst wenn manchmal nur inneres) Lächeln für Menschen.

 

Selten ist man sich in diesem Land Österreich so einig, wie bei der besonderen Bedeutung von Kindergarten und Volksschule. Diese besonders wichtige Bildungszeit ist das Fundament jeder außerschulischen Bildung.

Kinder, Eltern und Pädagog_innen, sie haben genug gewartet, wurden allzulang vertröstet, es wurde und wird versucht, alle mit „bitte warten“ zufrieden zu stellen. Ich meine, es ist an der Zeit konkreter zu werden, und keine Ruhe mehr zu geben!

Darum:

  • Liebes Österreich, es tut mir leid, aber wir können uns nicht mehr länger drum herum schwindeln.
  • Kinder und deren Eltern in diesem Land brauchen die Sicherheit, dass Kinder jene Bildung erhalten, auf die man ein Leben bauen kann.
  • Jedes Kind. Von Anfang an!

-> ich fordere deswegen für die frühe Bildung – Kindergärten und Volksschulen – eine Milliarde Euro.

Ja, ich kann – ja, ich will! ?

PS: was immer zu diesem Blogeintrag bewegen sollte, bitte (gerne) via Email schreiben! -> [email protected]

PPS: warum gerade eine Milliarde? wie diese verwenden? … stay tuned! 🙂

2 Gedanken zu „Warum wir sind, wie wir sind, warum wir tun, was wir tun.“

  1. Lieber Daniel, ich denke, dass es wichtig ist eine Milliarde für die Aufwertung der Frühen Bildung zu fordern! Es reicht nicht, dass uns Politiker_innen seit Jahren weismachen wollen, dass wir ohnehin die Wichtigsten in der Bildungsbiografie jedes Kindes sind – es braucht bessere Rahmenbedingungen und die müssen finanziert werden. Erst, wenn die Ausbildung von Kindergartenpädagog_innen dasselbe Niveau, wie das von Lehrer_innen hat, wenn die Kinderanzahl, für die eine Pädagogin zuständig ist, gesenkt wird und wenn Kindergartenpädagog_innen ausreichend Zeit für Vor.und Nachbereitung, Elterngespräche, Weiterbildung usw. bekommt, wird die Aufwertung tatsächlich sichtbar werden. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden! Geld, das ausreichen vorhanden ist und endlich dorthin gelangen soll, wo die Zukunft unseres Landes liegt.

    1. Liebe Heide – ja, genau so!
      Dir ein riesengroßes Danke an der Stelle – du und einige mit dir – ihr seid wichtige Stimmen für die so besonders wichtige elementare Bildung! Und dies bereits seit vielen Jahren!

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