Warum wir sind, wie wir sind, warum wir tun, was wir tun.

„I exist not to be loved and admired but to love and act“
Janusz Korczak

 

Manchmal macht es Sinn, innezuhalten, nachzudenken, auch über uns selbst.

Ich habe mich entschieden, diese Gedanken hier zu teilen. Ich tue es deswegen, weil ich im Herbst zum ersten Mal in ganz Österreich zur Wahl stehe. Vielleicht möchte da die eine oder der andere auch meine Motive, meine Herkunft, erfahren.

Und wen immer dies nicht interessiert, bitte einfach überspringen.

Ich wurde 1964 in eine Familie in Wien Währing hinein geboren. Nicht reich, nicht arm, halt so, dass man Ausgaben schon genauer planen musste. Beide Eltern arbeiteten, sonst wäre sich wohl finanziell auch kein zweites Kind ausgegangen.

Meine Eltern hatten ein klares Verständnis – Bildung für ihre beiden Söhne, die war ihnen zuvorderst wichtig, die ermöglichten und unterstützten sie mit aller Kraft und Energie. Und ich werde ihnen dafür ewig dankbar sein.

Ich möchte noch zwei Punkte anführen die mir gut präsent sind und die mich vielleicht auch etwas prägten. Unsere Gespräche zu Hause drehten sich sehr oft um Gerechtigkeit, präziser gesagt, bei Unrecht nicht wegzusehen sondern vielmehr genauer hinzusehen. Und es gab diese tiefe Überzeugung daheim, man ginge möglichst nie böse aufeinander schlafen. 

…und dies war für uns alle vier durchaus manchmal herausfordernd. Sei es für uns zwei Söhne, besonders während der Pubertät. Oder sei es bei den wiederholten Streitgesprächen unserer Eltern über erfahrenes Leid im 2. Weltkrieg.

Papa musste 1939 mit 10 Jahren nach Shanghai fliehen (beziehungsweise seine Familie schaffte dies), und Mutter (ebenfalls Jahrgang 1929) musste oft (und dann manchmal tagelang) in den Luftschutzkeller. 

 

Ich ging mit 4 Jahren in den Kindergarten beim Währinger Gürtel/Klettenhofergasse, dann in die erste Volksschulklasse ebendort, wechselte dann in die heutige Schule im Park in den neunten Bezirk. Über diesen Wechsel war ich froh. Denn – ich erinnere mich heute noch – dort ging mein Herz für Schule zum ersten Mal auf. Diese wunderbare Lehrerin (die aus heutiger Sicht vielleicht keineswegs alles „richtig“ machte) konnte mich offenbar sehr gut fürs Begreifen und Lernen begeistern. 

Zu dieser Zeit ermöglichten mir meine Eltern auch, verschiedene Musikinstrumente zu lernen. Flöte, Violoncello und Klavier. Singen, selbst dirigieren, wurde mir von unserer Volksschuldirektorin beigebracht. So cholerisch und streng sie war, so sehr lebte sie vor allem für die Überzeugung, uns alle für und mit Musik zu begeistern. Nun, bei den meisten klappte dies, bei mir jedenfalls hervorragend ?

Gymnasium, auch die Matura, fiel mir relativ leicht, wenn ich mich auch mehr am Sozialleben in der Klasse als am Lernen engagierte. Ich hatte das Glück – und wohl auch die geeigneten Lehrer_innen – dass ich mir das meiste das vorgetragen wurde recht schnell und ohne allzu großen Aufwand merken konnte.

Die Entscheidung für das richtige Studium fiel mir schwer. Zu unterschiedlich und vielfältig waren meine Interessen. Drei Semester Medizin, Kirchenmusik … und schließlich dann doch auch etwas abgeschlossenes, nämlich Betriebswirtschaftslehre, das war alles offenbar noch nicht genug. Zugleich dirigierte ich, spielte etwas in Theatern/Musicals mit, arbeitete auf und hinter Bühnen. Ich fuhr mit Chören auf Tourneen, innerhalb und außerhalb Europas, durfte manchmal auch Gesangsensembles leiten. Alles nur sehr selten bezahlt, zumeist schlicht aus Begeisterung an der Kultur, der Kunst – und vor allem am gemeinsamen Tun mit anderen Menschen, an diesen zumeist wunderbaren Begegnungen.

1993 schließlich begann ich auf der damaligen Pädak (heute PH) die Ausbildung zum Musik- bzw Mathematiklehrer. Diese schloss ich 1996 ab.

Ja, das war’s. Ich hatte mich bis dahin mit den unterschiedlichsten Nebenjobs finanziell über Wasser gehalten, von Meinungsbefragung über Telefonverkauf und die Arbeit bei Banken und Versicherungen bis hin zu insgesamt 12 Jahren Taxifahren in meiner von mir so geliebten Stadt Wien. Aber hier, jetzt, spürte ich, Schule, Bildung, das wird’s! 

Und das wurde es dann auch. In Hauptschulen (besonders schön, wenn auch herausfordernd, am Schöpfwerk), bis hin zum evangelischen Gymnasium – ich durfte viele Jahre lang junge Menschen in ihrem Entfalten begleiten. Auch für diese Möglichkeit, vor allem euch, lieben ehemaligen Schüler_innen und euren Eltern, großen Dank! 

 

Ich hatte Zeiten, da lebte ich ein paar Monate quasi nur von Erdäpfeln, immer wieder mal. Etwas anderes ging sich vom Geld her nicht aus.

Ich schreibe das nicht um Mitleid auszulösen, sondern weil mir diese Zeiten im Rückblick besonders wichtig sind, ich dort sehr viel lernte. Ich schreibe dies auch, weil es wichtig ist, sich vor Augen zu halten, dass es selbst bei größter Anstrengung aller nicht immer gelingt, „erfolgreich“ zu sein. Zumindest eben vielleicht einmal nicht finanziell. Und ich schreibe das, weil mich diese Erfahrungen wohl auch prägten, meinen Einsatz für jene, denen es gerade schlecht geht, verstärkte.

 

Dieser Eintrag sollte kein vollständiger Lebenslauf sein, kann es auch gar nicht.

Aber er erklärt hoffentlich ein wenig, woher ich komme – und wohin ich gehen will, beziehungsweise vielleicht auch, warum gerade dort hin. 

Es geht mir konkret um Bildung, Kunst & Kultur:

  • Ich will Menschen dabei unterstützen, auf einen guten Weg zu gelangen, von Anfang an.
  • Ich will, dass Kindern dazu ihre natürliche Neugier und Lernbereitschaft nicht mehr genommen wird. 
  • Ich will, dass Menschen zu Selbstbewusstsein verholfen wird, beginnend in den ersten, quasi institutionalisierten, Bildungsräumen – Kindergarten und Volksschule. Dies heißt auch, dort mehr Mittel & Unterstützung hinein zu investieren. Und dies zu aller erst in den Regionen beginnend, wo viele Kinder aktuell einfach weniger Chancen haben. 
  • Ich will allen Menschen die Möglichkeit geben, sich selbst und einander mit Hilfe von Kunst ein wenig näher kommen zu können. Theater zu spielen, zu musizieren, sich gestalterisch auszudrücken.
  • Und ich will, dass auch Kunstschaffenden ihre Tätigkeit, das Ausleben ihrer Kunst, besser ermöglicht wird.

Denn schreiben, lesen, rechnen und der soziale Umgang miteinander sind wichtig. Ja, ich will, dass dies jedes Kind lernen kann!

Aber gute Kindergärten und Schulen können noch viel mehr, sie „können“ Schönheit von Kunst und Kultur, Glück, Selbstsicherheit und Zufriedenheit vermitteln.

Gelingende Bildung von Anfang an heißt für mich eine Art lebensbegleitendes (selbst wenn manchmal nur inneres) Lächeln für Menschen.

 

Selten ist man sich in diesem Land Österreich so einig, wie bei der besonderen Bedeutung von Kindergarten und Volksschule. Diese besonders wichtige Bildungszeit ist das Fundament jeder außerschulischen Bildung.

Kinder, Eltern und Pädagog_innen, sie haben genug gewartet, wurden allzulang vertröstet, es wurde und wird versucht, alle mit „bitte warten“ zufrieden zu stellen. Ich meine, es ist an der Zeit konkreter zu werden, und keine Ruhe mehr zu geben!

Darum:

  • Liebes Österreich, es tut mir leid, aber wir können uns nicht mehr länger drum herum schwindeln.
  • Kinder und deren Eltern in diesem Land brauchen die Sicherheit, dass Kinder jene Bildung erhalten, auf die man ein Leben bauen kann.
  • Jedes Kind. Von Anfang an!

-> ich fordere deswegen für die frühe Bildung – Kindergärten und Volksschulen – eine Milliarde Euro.

Ja, ich kann – ja, ich will! ?

PS: was immer zu diesem Blogeintrag bewegen sollte, bitte (gerne) via Email schreiben! -> [email protected]

PPS: warum gerade eine Milliarde? wie diese verwenden? … stay tuned! 🙂

Bildung heißt auch: Hilfe zur Selbsthilfe

ein Update

gestern war ich mit Eva Glawischnig, Alev Korun, und einigen mehr in Erdberg, um Stifte, Papier, Bücher, Stadtpläne, Süßes… zu bringen.

Verteilaktion Flüchtlingsheim Erdberg
Verteilaktion Flüchtlingsheim Erdberg, Fotocredit Christian Bruna

Vieles wurde bereits in diesen wenigen Tagen bei uns im tachles gesammelt – vieles mehr wird es brauchen:

-> was wir deswegen weiter sammeln:

  • Stifte (Bleistifte, Kugelschreiber, Füllfedern), Buntstifte, Kreiden, Filzstifte, Malfarben,… dazu Spitzer, Radiergummi
  • Papier: Hefte, Collegeblöcke, Notizblöcke, Zeichenpapier…
  • Bücher und Lernmaterialien (vor allem Sprache deutsch/englisch), für Anfänger_innen geeignet, auch Bilderbücher,…
  • CD Player (voll funktionsfähig), CD/Geschichten in Deutsch/Englisch, deutsch/englisch Sprachlernprogramme?…

NEU: -> Monatskarten Juli (nicht personalisiert, also von vielen zu nutzen), Fahrkarten und Streifenkarten der Wiener Linien

-> !!! wir sammeln weiter im tachles, karmeliterplatz 1 in 1020, immer offen ab 16h (bis 01h)
-> bitte teilt das, auf den geeigneten Kanälen, sagt es gerne weiter!!!

…die nächsten Schritte sind uns, hoffentlich allen, auch klar: Es gibt jetzt bereits Deutschkurse in Erdberg, aber noch bei weitem nicht ausreichend. Es braucht viel Unterstützung, den Jugendlichen das geben zu können, um das sie uns von allen Anfang an ersuchten: Eine Chance auf Bildung, das heißt hier konkret Deutsch vom ersten Tag an. Da gibt es noch vieles zu tun!

Genauso wichtig ist dabei, den Menschen Möglichkeit zu einer zusätzlichen, qualitätsvollen, Zeitgestaltung zu bieten, um ihnen das Schlimmste (neben der Sorge, leider oft sogar der Angst) zu nehmen – die Untätigkeit!

Dazu gibt es bereits Menschen, Gruppen und weitere Ehrenamtliche, die heftig am Planen, am Vorbereiten sind (Danke!). Was auch hier zählt ist: das „schnelle Tun“!

 

Ich sage euch und ihnen allen, die ihr jetzt schon so viel beim Helfen unterstützt habt (insbesondere an der Stelle Sabine Beck und Niki Kunrath), ganz besonderen Dank! Ich werde die Augen der jungen Menschen, dieser unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen gestern, nicht so schnell vergessen.

Ich denke, wenn alle ehrlich und mit Empathie in die Augen dieser jungen Menschen schauten, würden viele „Ausländer Raus“ Rufe verstummen. Es sind die Augen, wenn sie leuchten, oder auch wenn sie leer sind, die uns miteinander verbinden können.

Und für mich persönlich sind es auch die Augen junger Menschen, die mich seit vielen Jahren für bessere Bildung für jedes Kind, für mehr Chancengerechtigkeit, kämpfen und einstehen lassen. Wie sie mit wunderbar blühendem Leben erfüllt sind, wenn etwas gelungen ist, wenn sie Wertschätzung erfahren.

Junge schreiben für Junge

„Wer weiß besser, was Jugendliche interessiert, als Jugendliche selbst?“, meint Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen. Er leitete damit seine Forderung vor zwei Wochen ein, Schülerzeitungen quer über ganz Österreich mit 100 bis 500 Euro pro Ausgabe und mit einem Maximalbeitrag pro Jahr von 1000 Euro zu fördern. Eine erweiterte Presseförderung im besten Sinne des Wortes.

Ich sage, ja! – er hat Recht. Und ich finde es richtig und wichtig, diese Anregung nicht einschlafen zu lassen.

Einschlafen, wie viele wichtige zu ändernde Dinge bei Bildung. Einschlafen, weil die verschiedensten Gruppen lieber Kleinkriege führen, als Lösungen anzubieten.

Ein aktuelles Beispiel gefällig? Heute früh wurde thematisiert, dass der Upload der „VWA“ (Vorwissenschaftlichen Arbeit, eine der drei Säulen der neuen Matura) technisch nicht möglich wäre. Ein Geheul brach los, als ob es etwa gar daran läge, dass wir unverändert etwa 10.000 Kinder „verlieren“, Jahr für Jahr!

Nicht, dass sich die Pannen nicht etwa häuften, dass es natürlich von besonderer Inkompetenz zeugt, wenn gegen Ende der Frist, diese Arbeiten im Netz hochzuladen, die erforderlichen technischen Mittel nicht bereitgestellt scheinen. Aber wirklich schwer zu lösen?

Die Lehrer_innen bestätigen, dass die Arbeiten fristgerecht fertiggestellt wurden. Der Upload möge erfolgen, sobald es geht. Problem erkannt, Problem gelöst, Denkaufwand: etwa drei morgendliche Sekunden. Natürlich dann aber nicht mehr geeignet, um politische Mitbewerber zu desavouieren – hängt halt auch davon ab, was will man?

Zurück zum Thema, das ich gerne eben NICHT einschlafen sehen möchte. Ein Thema, das – geschickt gemacht – tatsächlich zu einer Win-Win-Situation führen würde, ja sollte. Ein Thema, das tatsächlich realen Gewinn für jedes(!) Kind bringt.

„Wer eine Zeitung selber produziert, lernt nicht nur schreiben!“, meint Walser folgerichtig. Eine Zeitung bringt tatsächlich verschiedenste Facetten an „mehr“ für Schule, …und ja – ich habe dies auch schon in Volksschulen erlebt, wie Gespräche über zu schreibende Beiträge spannendste Diskussionen ergeben. Wie die Jüngsten auf einmal eifrig für und wider abwägen, Perspektivenwechsel und Empathie einfach stattfinden, ohne dass die 8/9jährigen diese Worte wohl jemals gehört hätten.

„Wenn sich die Jugendlichen selbst um die Finanzierung, etwa den Kosten für Druck oder Domain kümmern, etwa durch Verkauf von Inseraten, Spendenaktionen oder einem selbst organisierten Flohmarkt, lernen sie auch viel über wirtschaftliche Zusammenhänge“, ist der passende Hinweis auf den Diskurs über reale und praktische wirtschaftliche Ahnung.

„SchülerInnen, die Zeitung machen, sind hochengagiert und setzen sich kritisch mit ihrer Lebenswelt auseinander. So kommt politische Bildung und Medienkompetenz direkt bei den SchülerInnen an“, ist Walser abschließend überzeugt…

Ich erlaube mir, noch eine Coda zu dieser wohltuend konstruktiven Forderung dazu zu komponieren:

– Ich rege zusätzlich an, auch in Österreich breitflächig Gesprächswettbewerbe (vergleichbar den jetzt eher vereinzelten Debattierclubs) in Schulen zu gründen und diese (auch finanziell) von staatlicher Seite so zu ermöglichen, zu etablieren. Dass hier kein Missverständnis aufkommt, ich rede von real zusätzlichen Mitteln an dieser Stelle!

und

– All dies fordere ich selbstverständlich in den wichtigsten, sagen wir mal etwa 10, Sprachen. Und ja, „wichtig“ meint (neben Englisch als international verbreitete) nach Anzahl der Schüler_innen in den Schulen Österreichs. Und nein, das ist z.B. nicht Finnisch… 😉

Mögen unsere Sprachen, unser Denken nicht weiter verarmen – in Schrift und Wort!

Ich habe meine Tutorin lieb gehabt

…und dann sagt Paulina: „es mag vielleicht komisch klingen, aber ja, ich habe meine Tutorin lieb gehabt“

Letzten Montag im übervollen Musensaal gab es einen Alpbach Talk, eine Kooperationsveranstaltung zwischen dem European Forum Alpbach und der Wiener Zeitung. Diesmal auch unter der Beteiligung der BildungsNGO jedesK!ND.

Ich hatte Margret Rasfeld einladen dürfen, ihre Schule ESBZ vorzustellen. Dabei war es uns ein Anliegen, ihre Motivation, ihre pädagogischen Grundsätze, ihren Werdegang genauso zu thematisieren, wie eben den real gelebten Schulalltag vor Ort.

Margret Rasfeld war nicht alleine gekommen, zwei ihrer SchülerInnen waren mit ihr von Berlin angereist. Extra einen Tag aus der Schule, um Zeugnis zu geben, wie es besser gehen kann.

Und wie sie das taten! Magret Rasfeld, die ich schon länger begleiten und kennen darf, hat ja schon alleine, für sich, eine ungeheure Strahlkraft, die immer wieder dazu einlädt, doch bitte mal näher hinzusehen, welche Möglichkeiten Schulleitungen haben könnten, oder besser vielleicht haben sollten. Welch‘ starke Hebelwirkung von inspirierten Leiterpersönlichkeiten ausgehen, welche unglaublichen Veränderungen bewirkt werden können, wartet auch in Österreich noch auf eine nähere Analyse. Nebenbei bemerkt, dürfen wir uns nicht länger der Frage verschließen, warum so wenige Menschen bereit sind, eine Schulleitung zu übernehmen, sondern sollten dringend diskutieren, wie diese Aufgabe in ihrem Profil, ihren Möglichkeiten jetzt denn real ausgestattet ist und was es brauchen würde, um Zeit und Raum für die wichtigste, die eigentliche „Führungsaufgabe“, zu gewinnen.

Zurück zu Ivy und Paulina, die zwei freundlichen, kritischen, durchaus selbstbewussten, jungen Frauen (15 Jahre alt), die da den ganzen Abend neben mir saßen. Mit strahlend leuchtenden Augen berichteten sie vor den etwa 400 Zuhörenden vom Schulalltag, wie es denn so wäre, wenn auf einmal Zusammenarbeit selbstverständlich wird. Was die Grundausrichtung, die Lernbüros, das Fach Verantwortung, das Fach Herausforderung denn real bedeute. Was es heißt, ihre Aufgaben, ihre mündlichen und schriftlichen Testate, in freier Zeiteinteilung abzulegen. „Führt denn das nicht dazu, dass ab und zu wer was nicht macht, einfach nicht machen will“? und „wie ist das dann mit dem Abschreiben, beziehungsweise, wäre das denn „gerecht“, wenn die Mitschülerin paar Tage später die gleichen Aufgaben erhält?“, werden sie gefragt.

„Die Frage stellt sich nur, wenn Noten reiner Selbstzweck werden, wir aber lernen Sinn bezogen, primär einfach für uns selbst“

„Ja klar, kommt vor, dass jemand ‚mal nicht will. Aber wir alle wissen, letztlich müssen wir genauso wie alle anderen alles lernen, denn auch wir werden am Ende zentral geprüft.“

Paulina ergänzt: „…unter anderem deswegen haben wir ja das Tutorensystem. Jede/r Tutor_in hat 13 Schüler_innen zu betreuen, dafür extra Zeit im Stundenplan vorgesehen. Da kann man richtig gut miteinander bereden, alles. Auch mal privates, Kummer und Sorgen.“

…und nach ihrem „das mag jetzt vielleicht komisch klingen, aber ich habe meine Tutorin lieb gehabt“ spürt man einen kurzen Moment, wie der Saal den Atem anhält.

Jede/r Zuhörer_in mag in diesem Bruchteil einer Sekunde andere Gedanken gehabt haben, ein Vater bringt es in der anschließenden Diskussion auf seinen Punkt: „Ich liebe solche Veranstaltungen, man lernt soviel Interessantes kennen. Und dann, beim Nachhause fahren zerreißt es mir dennoch oft das Herz. Ich habe einen Sohn der gerade in den Maturavorbereitungen ist und denke mir, was ihm alles entgeht.

Ich kann dem wenig hinzufügen – außer vielleicht noch zwei Berichte der Wiener Zeitung, einmal vorher und nachher.

…und ein riesiges Danke an das European Form Alpach und die Wiener Zeitung, die diese Veranstaltung ermöglichten. An Ivy und Paulina, die mit ihren Berichten diese „andere Haltung Schule“ unmittelbar erlebbar machten und an Margret Rasfeld, die mit ihrem Wirken wohl schon Abertausende Kinder aus deren natürlicher Anlage heraus glücklich, neugierig und wissbegierig beließ. Danke!

 

 

Jetzt Zeichen setzen!

heute 17 Uhr am Heldenplatz in Wien

Mein Vater gehörte zu denjenigen, die es „geschafft“ hatten. Noch 1939 konnten er und seine engste Familie nach Shanghai flüchten, letzter Ort, der noch relativ unkompliziert Menschen aufnahm.

Jahre später war er zurückgekommen und hatte seine katholische Frau, unsere Mutter, geheiratet. Beide hatten schlimme Jahre hinter sich gebracht. Manchmal schien es mir, sie konnten sich nur schwer in die Situation des anderen versetzen. Heute noch bin ich dankbar, dass sie dennoch niemals auch nur versuchten, so etwas wie ein gegenseitiges „Aufrechnen“ anzustellen!

Sie hatten uns, zwei Söhne, bekommen und traten – wohl bewusst – schon früh in einen Diskurs mit uns. Über Leid, über Unrecht, dass man nicht einfach wegschauen soll und kann. Bereits bei uns relativ jungen Kindern  wurde dieses Bewusstsein so geweckt und begleitet mich, wohl uns beide, seither durchs Leben.

Heute, 70 Jahre nach der Befreiung Auschwitz gilt unverändert, achtsam zu sein. Auf alle Mitmenschen, auf „Minderheiten“, Recht vor Unrecht zu schützen!

Und im heutigen Gedenken gilt es auch, Zeichen zu setzen.

„Jetzt Zeichen setzen!“ – heute, 17 Uhr am Heldenplatz in Wien. Veranstaltung

Strafen!?

also kurz und bündig geht leider ned 😉

…aus Gesprächen, persönlich und auf Social Media, höchst subjektiv subsummiert 😉

– Voves, Niessl eröffneten die Diskussion zu Integration auf einer Ebene, die meines Erachtens primär Hilflosigkeit offenbart. Abgrenzung oder Anbiederung gegen bzw zur FPÖ? Die Erkenntnis, man könne nicht mehr schweigen (hat „man“ das?). Und, wohl nicht zuletzt, nahende Wahlen – was tun?

Also gut, Handlungsbedarf gibt es wirklich. Menschen, alt und jung treffen aufeinander. Bei Schule kommt dazu, dass niemand auskann. Und das meine ich im guten, ja wichtigen wenn nicht notwendigen Sinne! Eine tolle, öffentliche Schule „um’s Eck“, wo alle(!) ihre Kinder gerne hingeben. Für mich bester Garant einer gelingenden, solidarischen, besseren Zukunft.

Gestern und heute ergab sich die medial, zum Beispiel hier oder der hier aufgebrachte Frage, wie handeln, wenn doch paar „Integrationsunwillige“ (Definition?) nicht auf Lehrerinnen (jetzt rein weiblich gemeint) hören wollten?

Vorab eine Stellungnahme der BildungsNGO jedesK!ND:

„Strafen und Sanktionen für vermeintlich „integrationsunwillige“ SchülerInnen sind der falsche Weg, Herr Integrationsminister Sebastian Kurz. Stattdessen sollten wir uns zwei Fragen stellen: Was braucht es, damit SchülerInnen sich angenommen fühlen und Freude an Leistung haben? Und welche Ressourcen benötigen LehrerInnen, um ihren Schützlingen bei der Entfaltung ihre Talente zu helfen?

Jedes Kind ist wichtig und Österreich braucht jedes Kind! Keines sollte für Populismus instrumentalisiert werden.“

Was aber tun? Nun, ich habe hier auch keine einfache Lösung anzubieten. Eigentlich sehe ich sogar solche „einfache Lösungen“ als meist grob verkürzend, das Feld nie ganz erfassend. (hier zum Beispiel vernachlässige ich manches: Ja, es gibt unerträgliche Macho-Väter, christlich, muslimisch, atheistisch, was weiß ich was. Ja, es gibt Helikopter Eltern, die im Wollen für ihr Kind ungewollt viel Schaden anrichten. Ja, es gibt Mütter, wo man aus der Haut fahren will, so wurscht scheinen ihnen die eigenen Kinder zu sein. Und Ja, es gibt Kinder, die machen es einem wirklich nicht leicht)

Was ich aber sehr wohl habe, ist eine Überzeugung und eine (sicher nicht umfassende) „empirische Expertise“:

  • Integration muss sich zuerst primär in unserer aller Köpfe und Herzen abspielen
  • Das Zusammenleben, auch nicht Integration oder Inklusion, kann niemals Aufgabe nur „einer Seite“ sein. „Wir“ Österreicher_innen sind in meiner erlebten Erfahrung oftmals tatsächlich nicht sehr bereit, sich auf neues, „fremdes“ einzulassen.
  • „Integrationsunwilligkeit“ (wer bitte fängt an, dieses für mich furchtbare Wort zu definieren?) bei Schule endet dort schlagartig, wo Lehrer_innen klare und bedingungslose Wertschätzung und Hingabe zu allen(!) Schüler_innen (und zu den Eltern!) formulieren und (vor)leben!
  • bei einer kurzfristig von mir durchgeführten (schmalen) Befragung vieler Kolleginnen (weibliche Pädagoginnen und Lehrerinnen) ergab sich, dass alle Eltern, insbesondere auch muslimische Väter, zumeist gar kein Respektproblem haben, wenn sie diese Hingabe und Wertschätzung erleben. Da „sticht“ das Interesse um das eigene Kind. Wie gesagt, dies ist ein kleiner Ausschnitt aus meinem Umfeld, primär Kolleginnen aus der Volksschule und der Neuen Mittelschule – vielleicht will hier jemand noch Erfahrungen einbringen?…

Ein letztes, was mir wichtig erscheint: Wertschätzung gegenüber jedem Kind müssen sich diese meines Erachtens keineswegs „erarbeiten“. Ich erachte diese in ihrer Bedingungslosigkeit viel mehr als Grundvorraussetzung, besonders auch für Lehrer_innen, für Elementarpädagog_inen.

Ich fürchte(?), da bin dann doch kurz und bündig, tendenziell wenig diskussionswillig, nahezu intolerant 😉

was mich bewegt

Bildung für jedes! Kind bewegt mich, ist Leidenschaft und Triebkraft meines Handelns.

Ich bin in Wien Währing aufgewachsen. Mein älterer Bruder Michael und ich, beide in den 60er Jahren geboren, sind Kinder von Eltern, die selber auf Grund ihrer persönlichen Geschichte und der wirtschaftlichen Bedingungen nicht studieren durften. Keineswegs wohlhabend, würde ich unser Umfeld als wohlbehütet beschreiben. Ein Luxus, keine Selbstverständlichkeit, wie ich heute weiß.

Unsere Mutter, katholisch, hatte unseren Vater, jüdisch, Anfang der 50er Jahre geheiratet. Papa war nach gelungener Flucht 1939 zuerst mit seiner Familie 8 Jahre in Shanghai gewesen, dann in Israel, wo er auch den Militärdienst absolvierte. Dann kam er zurück nach Wien, wo wirtschaftlich begründet jede weitere Ausbildung zuerst nicht möglich war.

Ich erzähle die Konfession dazu, weil ich im Rückblick glaube, dass unsere Eltern zwar nicht religiös waren, aber gläubig. Daraus leiteten, meinem Verständnis nach, beide etwas gemeinsames ab. Ein tiefes Gefühl für Unrecht, die Überzeugung, gegen dieses zu kämpfen und nicht wegzusehen, wenn ein solches empfunden wird. Ein Gefühl, dass sich stark auf meinen Bruder und mich übertrug.

Unseren Eltern war es auch besonders wichtig, uns „gute Bildung“ zu bieten. Trotz eingeschränkter finanzieller Möglichkeiten unseren Wissensdrang, unsere Interessen als Ausbildung, auch bis hin zu jeweils absolvierten Studien, zu ermöglichen. Am Anfang völlig von ihnen finanziert, dann mehr auch aus eigener Kraft. (Bei mir vor allem später mit Taxifahren, eine großartige Kombination aus der Stadt die ich liebe mit den Menschen denen man dabei in den unterschiedlichsten Situationen begegnet.)

Ich hatte Freude am Lernen und Wissen, Spaß mit den Mitschüler_innen und den Lehrer_innen. Jemand der sich relativ leicht tat. Neugierig auf allen Gebieten.

Dies machte meine Entscheidung „was studieren“ nicht leicht. Ich begann mit Medizin, helfen wollen war wohl das Thema. Zugleich begann ich auch bereits damals meine Ausbildung zum Dirigenten. Musik fand schon zu Hause, viel selbst musiziert, statt und begleitet bis heute mein Leben. Medizin wurde nach knapp 2 Jahren ad acta gelegt und ich begann eine meiner anderen Alternativen, die ich von Anfang an überlegt hatte, Betriebswirtschaftslehre, zu studieren. Dieses Studium schloss ich nach zahlreichen beruflichen und anderen Unterbrechungen (vor allem Chorreisen als Dirigent und als Sänger) mit dem Magister ab.

Als Kind schon hatte ich überlegt, gerne Lehrer werden zu wollen. Menschen begleiten zu dürfen, ihnen Optimismus zu geben, ihnen die eigenen Erfolge und Möglichkeiten vor Augen zu führen, hatte mich fasziniert.

Es bedurfte offenbar den langen „Ausflug“ in die Welt der Wirtschaft, der Konkurrenz, mir diese Werte, dieses Wollen, wieder in Erinnerung zu rufen. Ich begann also bereits parallel, Lehramt für die Pflichtschule zu studieren. Musik und Mathematik auf der damaligen Pädak Wien (dies wird sicher noch den einen oder anderen extra Blogbeitrag wert sein). Diese Ausbildung schloss ich nach den vorgesehenen 3 Jahren ebenfalls ab.

Wir sind beim vielleicht einschneidendsten Erlebnis für meine Grundhaltung bei Bildung angekommen und zugleich beim Ende dieses, meines ersten „wirklichen“ Blogbeitrages.

Während der Ausbildung hatte ich mein Pflichtpraktikum in einer Hauptschule (jetzt Neue Mittelschule) im 21. Bezirk. Ein Bursche in einer der dritten Klasse hatte hohes Fieber. Meine (übrigens großartige) Betreuungslehrerin ersuchte mich, seine Mutter anzurufen und machte mich zugleich darauf aufmerksam, das Telefonat könnte unangenehm werden.

Am Telefon schimpfte sie mich zur Begrüßung, warum jemand aus der Schule stört. Ich erzählte ihr kurz, wie es dem Sohn ging, dass er Fieber über 40 Grad hätte und fragte sie, wann sie ihn holen kommen würde. Das war 1995 und dennoch weiß ich noch wie heute, es war kurz vor 9 Uhr, eigentlich hätte sie ihn ja wohl nicht einmal in die Schule schicken sollen.

Sie bedrohte mich. Sie würde ihn ganz sicher nicht abholen kommen, und wenn wir ihren Sohn jetzt selber nach Hause brächten (mein Vorschlag), dann würde sie uns anzeigen. Sie hätte noch bis 13 Uhr Kunden, die Schule dauert bis 13.40, vorher würde sie ihn nicht betreuen. Punkt.

Der Blick auf den leise weinenden Buben neben mir, schmächtig, hilflos und mit dabei so großen, fragenden Augen hat etwas mit mir getan.

Kinder haben Rechte. Eines davon ist das Recht auf Bildung. Ich wiederhole, es ist das Recht des Kindes, das heißt für mich auch, dass der Staat, verantwortlich für institutionalisierte Bildung, subsidiär Pflicht hat, Kindern mit schlechteren Ausgangsbedingungen besonders beizustehen. Ich leite dies im übrigen auch aus dem Gleichheitsgrundsatz ab, wenn er eben auch besagt, dass Ungleiches ungleich zu behandeln ist.

Vorher schon hatte ich das Gefühl, es ging also vor allem um Kinder ohne Lobby, um jene, deren Eltern es nicht besser konnten, vielleicht auch nicht besser wollten.

Dieses Gefühl wurde schlagartig zur Gewissheit, wurde zur Überzeugung. Ist es bis heute. Jedes Kind, das von unserer Schule ohne Perspektive gelassen wird oder das anderen gleich gemacht werden soll, egal ob reich oder arm, woher auch immer, mit welchen vielen Talenten auch immer ausgestattet, ist eines zuviel. Und schließlich – Kinder zu beschämen ist ein Verbrechen!

Ich will die starke grüne Stimme der Bildung sein!

Bildung darf nicht Frage der Herkunft, nicht Gnade, nicht beliebig sein. Bildung ist ein Recht für jedes! Kind.

Meine Kandidatur für Wien

…denn Bildung in Wien braucht eine gute, starke Stimme!

Einiges durfte und konnte ich bewegen, manches beitragen. Ungleich mehr ist zu tun!

Von frühester Kindheit habe ich gelernt, nicht wegzuschauen sondern zu handeln, wenn jemand Hilfe braucht, wenn es gegen Unrecht geht. Das lebe ich: Wertschätzend, höflich und konsequent.

Der Ist-Zustand hin zu Inklusion

Statt die Talente der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen, werden ihre Defizite dazu missbraucht, sie auszusondern. Jedes Kind mitnehmen heißt für mich, mit Kindern in ihrer Verschiedenartigkeit wertschätzend umzugehen, heißt gelingende Inklusion.

Inklusion bedeutet für uns Grüne auch, dass wir uns für jene öffnen müssen, die sich für den Weg einer Lehre entscheiden. Ihren Bildungsweg sehen wir selbstverständlich jetzt schon als besonders wertvoll, müssen es jedoch deutlicher bekennen. Ein Bekenntnis, das mit Zuhören beginnt und in reale Angebote mündet.

Meine politischen Ziele für Wien

  • Gelingende Bildung für jedes Kind ist wichtiger Grundbaustein für funktionierendes Zusammenleben, für eine gemeinsame, bessere Gesellschaft.
  • Kindergärten und Schulen stehen ganztägig und ganzjährig offen. Sie dienen allen Menschen als Bildungszentren im Grätzl, verbinden über Generationen, Religionen und Herkunft hinweg, ermöglichen ein voneinander Lernen.
  • Jedes Kind erhält unabhängig von Herkunft, sozialem Umfeld oder auch Beschäftigung der Eltern einen rechtlichen Anspruch auf einen hochwertigen Kindergartenplatz.
  • Es wird zur Bildungspflicht des Staates, dass jedes Kind gut begleitet lesen, schreiben und rechnen lernt.
  • Schulen lassen Schüler_innen konkrete soziale Aufgaben im Umfeld übernehmen. Ein eigenes Schulfach, „Verantwortung“ bedeutet auch, Schüler_innen spüren was es heißt, gebraucht zu werden.

Ich will und werde dem herrschenden Stillstand mein von optimistischen Visionen geleitetes Handeln entgegensetzen!